Für Robert Dierking endet die Zeit als Pastor auf Probe
AUETAL. Als Robert Dierking vor drei Jahren inkognito im Auto durchs Schaumburger Land fuhr, um sich seinen künftigen Arbeitsplatz näher zu besehen, kannte ihn im Auetal noch niemand. Heute ist das anders. Heute ist der Pastor den Auetalern bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund – und das längst nicht nur den Gemeindemitgliedern unter den Auetalern. Das sagt viel über den Menschen Robert Dierking und ist nicht das Schlechteste, was man über einen Pastor überhaupt sagen kann. Es zeugt von Engagement. Jetzt steht Dierking ein großer Tag ins Haus. Ihm, aber auch den 2000 Gemeindemitglieder in Karohagen und den 1500 in Hattendorf. Denn: Der 35-Jährige wird am kommenden Sonntag, 15. November, um 10 Uhr im Gottesdienst im Ev. Gemeindehaus Rolfshagen von Superintendent Dr. Andreas Kühne-Glaser als eine seiner letzten Amtshandlungen – abermals – vorgestellt und als Auetaler Pastor in die Gemeinde eingeführt. Dierking war am 11. Juni 2017 in der Christus-Kirche ordiniert worden.
Der Hintergrund: Nach drei Jahren ist ein Pastor, der vorher noch keine feste Stelle hatte und somit ein Pastor auf Probe ist, „bewerbungsfähig“. Soll heißen: Er muss sich in diesen drei Jahren so bewährt haben, dass die Kirche überzeugt ist, dass der Bewerber eine Gemeinde sowohl geistlich als auch wirtschaftlich leiten kann. „Das scheint bei mir der Fall zu sein“, sagt Dierking in aller Bescheidenheit auf Anfrage der Redaktion dieser Zeitung. Ein entsprechender Brief der Kirchenleitung, der Dierking die Bewerbungsfähigkeit zusprach, war dem „Pastor auf Probe“ zugestellt worden.
Daraufhin war seine Stelle in einem kircheninternen Amtsblatt ausgeschrieben worden – darunter unter Punkt sieben auch jene Stellen, die bereits mit einem Pastor auf Probe besetzt sind. Zwar könnte sich auch auf diese Stellen theoretisch noch ein anderer Geistlicher bewerben, praktisch kommt das aber so gut wie nie vor. Zu deutsch: Niemand hat Dierking seine feste Stelle als Ev.-luth. Pastor fürs Auetal streitig gemacht.
Weder Zweifel
noch Einspruch
Er bewarb sich – und die Kirchenvorsteherinnen wählten ihn offenbar einstimmig. Anschließend hielt Dierking seine Aufstellungspredigt. „Danach“, so der Geistliche, „hatte die Gemeinde sieben Tage Zeit, in der sie die Entscheidung des Kirchenvorstandes hätte anzweifeln können.“ 20 begründete Einsprüche hätten die Entscheidung des Vorstandes aufgehoben und die Berufung Dierkings verhindert. Doch wer den Auetaler Pastor kennt, weiß, dass ein solcher Zweifel und Einspruch für niemanden in der Gemeinde infrage kam.
„Ich selbst habe Pastor Dierking in den vergangenen drei Jahren als einen Menschen erlebt, der stets mit viel Energie und Freude auf andere zugeht“, beschreibt Angelika Held ihren eigenen Eindruck. Die Vizevorsitzende des Kirchenvorstands: „Durch seine Offenheit erreicht er viele Menschen.“ Der Geistliche habe sichtbar Spaß daran, das Evangelium zu verkünden und seinen Glauben mit anderen zu teilen.
Derweil ist das Auetal für die Familie Dierking mit ihren drei Kindern längst zum Zuhause geworden; zwei der Steppkes von Robert und Alexandra Dierking sind „hier“ geboren worden. „Ich bin sehr froh, dass ich nicht nur in Karohagen, sondern auch in Hattendorf so gut aufgenommen worden bin“, sagt der Pastor dankbar. Der Geistliche: „Wir werden sowohl mit unseren Begabungen als auch mit unseren Ecken und Kanten geschätzt beziehungsweise ausgehalten.“ Die Mentalitäten des Pastors und der Gemeinde unterschieden sich nicht fundamental; die Sprache, die man spreche, sei eine gemeinsame. Kurz: „Es passt“, ist Dierking überzeugt.
Für die nächsten Jahre liegt ihm sehr daran, diese lebendige Gemeinschaft im Auetal über alle Grenzen hinweg weiter zu leben und die Kirchen und Gemeindehäuser „zukunftsfit“ zu machen. Darüber hinaus ist der Pastor überzeugt: „Fünf-Jahres-Pläne funktionieren nur noch in China und auch dort nur mittels erheblichen Druck.“
Zu seinem geliebten Rugby-Sport ist Dierking in den vergangenen Jahren so gut wie gar nicht mehr gekommen. Zwar hatte er bereits Kontakt zu den Schaumburg Rangers aufgenommen, doch der (Spiel-)Besuch scheiterte stets am Zeitmangel.
Merke: Der Gottesdienst am Sonntag, 15. November, 10 Uhr im Ev. Gemeindehaus Rolfshagen, ist unter Corona-Bedingungen öffentlich. Auf einen anschließenden Empfang, wie er bei einem solchen Anlass üblicherweise stattfindet, wird angesichts der Pandemie aber verzichtet.
SZLZ vom 13.11.2020
Autor: THOMAS WÜNSCHE